VIP-Interview

Younes Zarou: „Es ist kein Sprint, sondern ein Marathon."

Lesedauer: 8 min

Younes Zarou ist Deutschlands berühmtester TikTok-Star. Für seine Karriere als Webvideo-Produzent legte er sein Studium erstmal auf Eis. Im Traumberuf-Interview spricht er über die Reaktion seiner Familie, seinen Arbeitsalltag und warum aus ihm doch kein Profi-Fußballer geworden ist.


Younes Zarou
Younes Zarou
Warum er doch kein Profi-Fußballer geworden ist.
© Tony Sk.
© Tony Sk.
Younes Zarou
Warum er doch kein Profi-Fußballer geworden ist.
Younes Zarou

Younes, hätte man dir vor zehn Jahren gesagt, dass du mal als VIP interviewt wirst, hättest du dich wahrscheinlich eher in der Rolle als Profi-Fußballer gesehen und nicht als Social-Media-Star, oder?

Younes (lacht): Hätte man mir das vor zehn Jahren gesagt, hätte ich das erstens gar nicht geglaubt und zweitens hätte ich mich gerne als Profi-Fußballer gesehen, ja. Das war lange mein Traum. Ich habe mit sechs oder sieben Jahren angefangen zu spielen, ungefähr, bis ich 19 oder 20 Jahre alt war. Dann habe ich realisiert, dass das mit der Profi-Fußballkarriere nichts wird.

 

Was hat dich so am Fußball fasziniert?

Ich mag den Sport und agiere gerne als Teamplayer. Es ist ein tolles Gefühl, in der Mannschaft zu spielen und Tore zu schießen, gemeinsam Erfolge zu feiern. Das hat mich angespornt. Dazu kommt natürlich die körperliche Anstrengung. Ich halte meinen Körper gerne fit und achte auf meine Ernährung, dann fühle ich mich wohl. Natürlich spielte auch der Ruhm und die hohen Gehälter eine Rolle. Ich fand es als Kind cool zu sehen, wie Profi-Fußballer leben.

Die Karriere von Younes

2023: Kandidat bei der RTLShow „Let`s Dance“. Rund 53 Mio. Follower auf seinem internationalen TikTok-Account

2022: Mitbegründer der Agentur „Totally MGMT“ und verschiedene Web-Video-Kooperationen

2021: Nickelodeon Kids‘ Choice Award in der Kategorie „Lieblings Social-Media-Star“

2020: Stay-at-Home-Challenge während der Corona-Pandemie. Younes ist einen Monat lang rund um die Uhr online. Im gleichen Jahr wird er Deutschlands erfolgreichster TikToker (damals über 10 Mio. Follower).

2019: Erstes Video auf TikTok

Nach der Schule hast du Wirtschaftsinformatik studiert, hattest du da auch viel Mathe?

Ja, ich habe bis zum Ende des dritten Semesters studiert und der Studiengang war sehr Mathe-lastig. Ich habe viel über Programmieren und Algorhythmen gelernt. Wobei ich sagen muss, dass ich die zweite Matheprüfung im Studium nicht bestanden habe, obwohl ich viel darauf gelernt hatte.

 

Deine Wahl fiel damals auf ein duales Studium. Warum?

Damit ich schon ein Bein in einem Unternehmen habe und nach dem Studium dort arbeiten kann. Außerdem wollte ich Praxiserfahrungen sammeln. Freunde von mir, und auch mein Bruder, haben auf Unis studiert. Auf der einen Seite hat man hier vielleicht mehr Freizeit, auf der anderen Seite muss man sich aber auch irgendwelche Jobs suchen, um Geld zu verdienen. Das wollte ich nicht. Ich wollte es lieber etwas strukturierter.

 

Hast du zu dieser Zeit auch schon Videos auf Social-Media-Kanälen gepostet?

Ja, vorher sogar schon, ich habe 2012 mit ersten Facebook-Videos angefangen. Danach auf YouTube, Instagram am Anfang eher weniger. Schon damals war mein zweiter Traumberuf Social-Media-Star, deshalb habe ich in meiner Freizeit viele Videos gedreht und vieles ausprobiert.

Was hat dich an den Videos so fasziniert?

In erster Linie fand ich es cool, mir mit den Videos eine eigene Community aufzubauen. Du lädst ein Video hoch, und wenn das gut ist, erreichst du sehr viele Leute und baust dir eine eigene Fangemeinschaft auf. Klar spielte der finanzielle Anreiz auch eine Rolle, aber die Reichweite meiner Videos ist mir wichtiger als der Reichtum im monetären Sinne.

 

Wie hat deine Familie, wie haben deine Freunde und Arbeitskollegen auf deine Videos reagiert?

Meine Arbeitskollegen waren sehr entspannt, manche fanden es gut, manche hat es nicht interessiert, manche fanden es Quatsch mit Soße. Es gab natürlich auch manchmal Probleme. Eine Kommilitonin von mir an der Uni war mal in meiner Story zu sehen, als ich ungefähr zehntausend Abonnenten hatte, und hat sich beschwert. Dann bekam ich vom Hochschulpräsidenten eine Abmahnung, obwohl es gar nicht meine Absicht war, sie zu zeigen. Auch meine Eltern waren sehr dagegen. Sie sind sehr konservativ und die Videos waren ihnen ein Dorn im Auge. Aber ich war schon immer eine Person, die das durchgesetzt hat, was sie wollte.

 

Du hast es vorhin schon angesprochen: Du hast drei Semester lang studiert, dein Studium also nicht beendet?

Nein, ich habe es pausiert. Lustigerweise hatte ich aber erst kürzlich eine Gastvorlesung an der Hochschule, an der ich studiert habe, und habe über Social-Media, Marketing und Unternehmensgründung referiert. Wir haben auch darüber gesprochen, dass ich mein Studium wieder aufnehmen kann, wenn ich möchte. Mal sehen, was daraus wird. Mein Ziel ist es schon, mein Studium irgendwann zu beenden, aber ich weiß noch nicht wann.

Younes ganz persönlich

Antworten auf Fragen, die sonst niemand stellt

Meine beste Klassenfahrt… Leider hatte ich nur zwei Klassenfahrten in meinem Leben, in der 4. und in der 6. Klasse, an die ich mich kaum noch erinnern kann. Ich hatte keine Abschlussfahrt, deshalb auch nie eine wirklich coole Klassenfahrt.

Mein tollstes Spiel… Fortnite und FIFA

Mein Lieblings-Outfit… Ein langes weißes Shirt, eine chillige Hose und weiße Sneaker.

An einem perfekten Sonntag... Gehe ich trainieren und drehe Videos.

Mich nervt… Unzuverlässigkeit

Mein Vorbild ist… Cristiano Ronaldo

Wann kam für dich der Punkt, an dem du dich entschieden hast, mit dem Studieren erstmal aufzuhören?

Es müsste im April 2020 gewesen sein. Ich habe damals zum ersten Corona-Lockdown eine Stay-at-home-Challenge auf TikTok gemacht. Dieser Livestream ging viral. Innerhalb von einem Monat habe ich drei Millionen Follower dazubekommen und hatte meine erste Kooperation. Da habe ich gemerkt: Das kann groß werden. Ich wollte alles auf Social-Media setzen. Trotzdem habe ich erstmal nur pausiert und wollte mir eine Hintertür offenlassen.

 

Waren deine Eltern auch fein mit dieser Entscheidung?

Puuhh, meine Eltern sind ausgerastet. Es war nicht schön. Meine Familie musste meinen Vater besänftigen. Wir haben ihm einfach gesagt, dass ich länger Urlaub mache, statt zu sagen, dass ich gekündigt habe.

 

Hat er sich mittlerweile beruhigt?

Naja, seit drei Jahren denkt er, dass das mit Social-Media in ein paar Monaten wieder vorbei ist und ich dann auf der Straße lande (lacht). Meine Eltern sind sehr konservativ. Mein Vater ist in Marokko aufgewachsen und mit sieben Jahren nach Deutschland gekommen. Er arbeitet als KFZ-Mechaniker und für ihn bedeutet Arbeit auch wirklich harte, körperliche Arbeit – also ackern. Er kann nicht verstehen, dass man mit Videos Geld verdienen kann.

Verdienst du jetzt deutlich mehr als in deinem Job als Wirtschaftsinformatiker?

Ja. Ich wäre nach meinem Bachelorabschluss mit einem Jahresgehalt von 45.000 Euro eingestiegen. Das ist mit einem Kooperationsvideo locker drin. Außerdem bekomme ich noch Geld für Klicks und habe in ein paar Start-ups investiert.

 

Klingt aber schon nach harter Arbeit…?

Es ist eine andere Art von Arbeit, nicht zu vergleichen mit der auf einer Baustelle oder als Krankenschwester, die körperlich wirklich schwer arbeiten. Im Endeffekt ist aber alles, was man professionell macht, harte Arbeit.

 

Viele junge Menschen denken sich jetzt bestimmt: Das will ich auch mal machen! Was kannst du ihnen mit auf den Weg geben?

Das allerwichtigste, das ich gelernt habe, ist: Dranbleiben und nicht von Misserfolgen runterziehen lassen. Es ist kein Sprint, es ist ein Marathon. Und auf dem Weg zum Erfolg sind die Stufen frisch gewischt. Ich dachte anfangs, wenn ich mit einem Video viral gehe, habe ich es geschafft. Aber dem ist nicht so. Ich habe erstmal acht Jahre lang Videos gedreht und über 1.000 Videos hochgeladen, bevor ich Erfolg hatte. Ein „Ich habe es versucht“ ist zehnmal mehr wert als ein „was wäre wenn.“

 

Das ganze Gespräch gibt es auch zum Nachhören:

 

Die Autorin
Stephanie Gerstner

„Mama, ich will Journalistin werden.“ Das wusste Stephanie schon als kleines Mädchen. Als Mittelschülerin schien der Traumberuf unerreichbar. Aber zum Glück führen viele Wege an die Hochschule. Auch jetzt als zweifache Mutter kann Steffi nicht ohne das Schreiben.